28.08.2013 Buchara

Da in Buchara alles ziemlich dicht beieinander liegt, bekamen Ismail und Bakti diesen Tag frei und wir machten uns zu Fuß auf den Weg. Da es nur wenige Meter vom Hotel entfernt lag liefen wir erst noch einmal Richtung Kalon-Minarett. Wenn die Sonne am morgen anders steht sieht manches direkt ganz anders aus. Das 46 Meter hohe Minarett wurde 1127 von Arslan Chan errichtet und ist heute das Wahrzeichen der Stadt. An seiner Stelle stand früher ein noch älteres Minarett, welches jedoch durch Baumängel einstürzte. Im Mittelalter wurde es für Hinrichtungen benutzt, indem die Verurteilten von oben hinabgestürzt wurden.

An den Verkaufsständen erklärte uns Islom, wie eine usbekische Pampers funktioniert und wir besahen uns die vielen unterschiedlichen Brotstempel, die hier angeboten werden.

Auf dem Weg zur Bolo Hauz Moschee machte ich das Foto einer Frucht vom Brotfruchtbaum, welcher nur hier in Buchara vorkommt und sehr selten ist. Sie wurde im 18. Jahrhundert als Gemeindemoschee erbaut, diente jedoch auch als Hauptmoschee und Freitagsmoschee. Sie stand vorwiegend dem Hof des Emirs zur Verfügung. Die Zwanzig 12,5 Meter hohen Säulen des Ayvon haben pilzförmige Muqarnatkapitelle, die sich jedoch in Form und Gestaltung alle voneinander unterscheiden. Ein schöner Anblick, wenn sie sich in dem Teich vor der Moschee spiegeln.

Von der Moschee aus ist es auch nicht mehr weit bis zu dem Samaniden-Mausoleum. Dieses Mausoleum der Samanidendynastie entstand in der Regierungszeit von Ismail Samani (892-907) und sollte für seinen Vater Achmad als Grabstätte dienen. Tatsächlich wurden dann aber Ismail selbst, sein Vater und Ismails Söhne hier beigesetzt. Das Bauwerk besteht aus Backsteinen, die flach, Übereck, diagonal, im Fischgrätenmuster oder hervorstechend angeordnet sind. Es scheint, als wären alle dekorativen Möglichkeiten des Backsteins hier ausgenutzt worden. Das Mausoleum steht mitten in einem Park und wird auch viel von Einheimischen besucht.

Auf dem Weg zum Basar kamen wir an einem Teich und der alten Stadtmauer aus Lehmziegeln vorbei.

Dieser Basar besitzt neben einer Fleischabteilung sogar noch eine für Fisch. Es ist schon gewöhnungsbedürftig, da bei uns die Köpfe der geschlachteten Tiere nicht so dekorativ aufgebahrt werden. Es fällt einem auch sofort auf, dass die Usbeken auf sehr fettiges Fleisch stehen. Hier wird selbst der Schwanz eines Fettschwanzschafes nicht einfach entsorgt, obwohl er aus purem Fett besteht.

Islom empfahl uns, Gewürze in Buchara zu kaufen, da sie hier am besten seien. Das nutzten wir und ließen uns eine Gewürzmischung zubereiten. Die Gewürze wurden in einem Moerser zerkleinert und riechen sehr frisch und intensiv. Wie in jedem usbekischen Basar gab es hier natürlich auch Obst, Gemüse, Brot und Reis zu kaufen.

In den Geschäften neben dem Basar gab es dann auch das berüchtigte Baumwollöl und Baumwollseife zu kaufen. Da diese Seife ohne chemische Zusätze hergestellt wird, nahm ich welche für meinen Schwager mit. Sie hilft bei empfindlicher Haut, riecht aber nicht so angenehm wie parfümierte Seife.

Als nächstes hatten wir uns die Ark genannte Zitadelle der Stadt vorgenommen. Die Entstehung des Ark geht auf den Anfang des 1. Jahrtausends nach Christus zurück. Nach mehrfacher Zerstörung wurde er im 7. Jahrhundert mit ungewöhnlichem Grundriss neu aufgebaut. Nachdem die Festungsmauer errichtet war, begann man mit dem Bau des Palastes. Als er fast vollendet war stürzte er ein und man konnte den Grund nicht finden. Daher beschloss man, sich auf Übersinnliches zu verlassen und errichtete den neuen Palast in Form des Sternbildes des großen Bären. Auf dem großen Platz vor der Zitadelle hätten wir die Chance auf ein Foto mit Kamel oder Pferd gehabt.

Nach der Besichtigung des Ark ging es dann erst einmal zum Mittagessen. Dafür wählten wir ein Restaurant am Labi Hauz. Islom empfahl es uns und meinte, dass man dort gut gebratene Nudeln essen könnte. Ich nahm das Angebot an und sie schmeckten wirklich hervorragend. Direkt am Restaurant befindet sich ein kleiner Teich (Hauz) und ein paar sehr alte Maulbeerbäume.

Unser nächster Anlaufpunkt war nur wenige Schritte entfernt. Es handelte sich hierbei um die Medrese Nadir Devon Begi aus dem Jahre 1622/23. Eigentlich wurde sie als Karawanserei erbaut aber als der Chan nach Fertigstellung durch die Strassen ritt und die schöne Medrese lobte, war die Nutzung als Karawanserei nicht mehr möglich. Da sich Chane nie irren, wurde das Gebäude in eine Medrese umgebaut. An diesem Gebäude sieht man auch Tier- und Pflanzendarstellungen. Sie sind im Islam nicht ganz verboten aber es dürfen keine Bilder wirklich existierender Lebewesen sein und so breitet z.B. der Märchenvogel Semurg seine Schwingen aus. Zwei kleine Mädchen saßen auf den Stufen und malten. Sie freuten sich über ein paar neue Kugelschreiber und bedankten sich mehrfach. Hier an der Medrese steht auch ein Denkmal für Hodscha Nasreddin, dem orientalischen Till Eulenspiegel. Oberflächlich kann man die Geschichten über ihn als Witze auffassen aber sie haben immer einen tieferen Hintergrund. Islom erzählte uns z.B. die Geschichte des reichen Mannes, der nicht schwimmen konnte und ins Wasser fiel. Alle Leute streckten ihm die Hand entgegen aber er ließ sich nicht retten. Hodscha meinte, sie sollten einmal Platz machen und reichte dem Mann die Hand. Dieser nahm sie ohne zu zögern an und Hodscha zog ihn an Land. Auf die Frage der Leute, was er denn anders gemacht habe, sagte dieser nur: „Ihr wisst doch, dass der Mann reich ist und habt ihn trotzdem immer gebeten, dass er euch seine Hand gibt. Ich habe zu ihm gesagt, er solle meine Hand nehmen, denn reiche Leute geben nicht, sie nehmen nur“. Da ist halt auch was Wahres dran.

Um uns die Beine zu vertreten liefen wir anschließend durch das jüdische Viertel der Stadt und besuchten dabei auch die Synagoge. Hier bewahrt man eine Tora, die schön mehrere Jahrhunderte alt sein soll. Es gibt in Buchara ca. 300-500 Leute jüdischen Glaubens.

Wieder am Labi Hauz angekommen, beguckten wir uns die alten Maulbeerbäume. Neben dem Wasserbecken befindet sich dann noch die Chanaka Devon Begi. Bei einer Chanaka handelt es sich um eine Pension für Pilger und Koranstudenten.

Nun ging es weiter zur Magoki Attori Moschee. Die Moschee wurde im 10. Jahrhundert errichtet und an der Fassade kann man die Bautechniken der Karachaniden (10. – 12. Jahrhundert) gut erkennen. In jüngerer Zeit wurde das Gebäude auch schon als Diskothek benutzt, was heute aber wieder verboten ist. Schräg gegenüber der Moschee befindet sich das Telpak-Furushon, das Gewölbe der Mützenmacher.

Auf dem Weg zurück zum Hotel kamen wir durch mehrere Marktkuppelgewölbe, in denen hauptsächlich Souvenirläden untergebracht sind.

Im Hotel angekommen zählte ich erst einmal wieder mein usbekisches Geld.

Da wir nun Freizeit hatten und es Eva, Laura und Aman nicht so gut ging, entschloss ich mich, mich alleine ein Wenig um zu gucken. Ich packte mir meine berühmtberüchtigte Tüte von Feinkost Aldi mit Spielzeug voll und machte mich auf den Weg. Ein Junge sprach mich an und fragte mich nach meiner Herkunft. Als ich ihm Deutschland als Heimat klar gemacht hatte, kam das Gespräch natürlich direkt auf Fußball und ich fragte ihn, ob er einen gebrauchen könnte. Drei Stück hatte ich neben anderen Sachen dabei aber die Bälle mussten erst noch aufgepumpt werden. Als ich einen davon aus meiner Tüte zog, leuchteten wieder einmal ein paar Kinderaugen. Ein anderer Junge sah uns und stand natürlich direkt daneben. Was soll‘s, also zog ich noch einen der Bälle heraus. Plötzlich stand eine Frau neben mir und bettelte und flehte, ob ich denn auch für ihren kleinen Sohn einen Ball hätte. Sie rief ihn, damit er aus dem Haus kommt und sah mich so an, dass ich gar nicht „Nein“ sagen konnte. Nachdem ich schon zwei Bälle aufgepumpt hatte, bestand ich darauf, dass die beiden, schon abgefertigten Jungs dann wenigstens den dritten Ball aufpumpen könnten. Das taten sie dann natürlich auch liebend gerne und wir hatten richtig Spaß dabei. Sie bestanden dann auch die Abschlußprüfung, indem sie den Satz "Borussia Mönchengladbach forever" fließend auswendig lernten.  Ich weiß nicht, wie oft sich die Dame bei mir bedankt hat aber für mich hatte es sich schon gelohnt, die Spielsachen mitgeschleppt zu haben. So glückliche Augen sieht man in Deutschland kaum noch und es überträgt sich auf einen selbst, wenn man es live miterlebt. Naja, der Rest aus der Tüte war dann auch schnell weg und ich lief weiter. Ich scherzte dann noch ein Bisschen mit den Verkäuferinnen des Porzellans und meinte, dass es doch Maschinenware wäre und keine Handarbeit. Eine von ihnen protestierte lautstark und lud mich sofort in ihre Werkstatt ein. Samira, wie die Gute hieß, zeigte mir ihre bereits angefangenen aber noch nicht fertigen Stücke und ich gab mich geschlagen. Scheint dann ja doch Handarbeit zu sein und ich bin wieder ein Bisschen mit der Bevölkerung des Landes in Berührung gekommen. Samiras Tee schmeckte auch köstlich und so war es ein gelungener Tag.

 

 

 

 

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