Die Geschichte eines Mörders

Ja, ich bekenne mich dazu einen Mörder als meinen Freund bezeichnet zu haben. Ich kannte ihn schon aus frühster Jugend und er war schon ein wenig verrückt. Aber was hat ihn zu dem gemacht, was er nachher war? Es wird immer schnell schlecht über jemanden geredet, aber wer versucht einmal hinter die Kulissen zu blicken? Hans-Peter H. war früher ein guter Freund und man konnte sich auf ihn verlassen. Er stammte aus einem schlechten Elternhaus und es gab eine starke Bindung zu seiner kleinen Schwester Erika. Sie war sein Halt und wurde dann ermordet, was ihn natürlich schwer traf. Hans-Peter litt in seiner Jugend auch sehr unter seinem Aussehen. Überall wurde er nur "Der Lange mit dem Pferdegesicht" genannt, was er natürlich mit bekam. Wie bei Allem ließ er sich das selbstverständlich nicht anmerken und spielte den Starken. Wenn man dann mal ganz allein mit ihm am Wasser saß, brach es manchmal aus ihm heraus. Es ist als Jugendlicher halt schwer etwas zu verkraften, wenn man noch nicht einmal in der eigenen Familie Rückhalt findet. Da ihm überall mit Ablehnung begegnet wurde bekam er meiner Meinung nach auch so etwas wie Depressionen. Da er sonst keine Freunde hatte fing er an Mist zu bauen. Er brauchte halt etwas um sich Freunde zu kaufen. Es fing an mit Kneipeneinbrüchen, bei denen er Zigaretten klaute, die er anschliessend verschenkte. Da er ja selbst nicht rauchte brauchte er sie ja nicht. Er klaute Fahrräder, damit er seins verleihen kann u.s.w.. Nach einigen Vorstrafen sah man ihn dann mal ein Jahr nicht, bevor er wieder auftauchte. Danach ging es weiter mit Autodiebstählen und als vorläufiger Höhepunkt zwei Banküberfällen. Er schaffte es und brachte uns eine Polizeimütze vom Verhör mit, die er auf der Polizeistation nicht liegenlassen konnte. Bei den Banküberfällen in Krefeld fiel er besonders durch seine Freundlichkeit auf und wurde als Gentlemanräuber bezeichnet, da er sich immer ordentlich bedankt hatte. Naja, jedenfalls sahen wir ihn wieder ein paar Jahre nicht mehr. Als er anschließend aus der Haft entlassen wurde sah ich ihn noch 3-4 Male und er freute sich immer über das Wiedersehen. Nach vier Monaten Freiheit überfiel er dann wieder eine Bank und ich sah ihn nicht mehr wieder.

 

Nachdem ich ihn jetzt eine ganze Weile nicht gesehen hatte, saß ich Anfang des Jahres vorm PC und in der Glotze lief SAT1. Plötzlich höre ich, daß in Krefeld jemand gesucht wird. Er hatte seine eigene Wohnung angezündet und dann mit einer Sirene die Nachbarschaft gewarnt, damit niemanden etwas passiert. Da hat er eigentlich früher immer viel wert drauf gelegt. Ich weiß noch wie er mal zu mir sagte:"Rudi, ich habe schon viel Scheiße gemacht aber ich habe noch niemals jemandem dabei weh getan!" Dieses Mal war es jedoch anders und er fuhr schliesslich zu seiner Ex und ermordete sie. Ich traute meinen Augen nicht, wo ich da auf SAT1 ein Bild meines früheren Freundes sehe und ja es gab keinen Zweifel, daß er es war. In der Zeitung las ich dann, wie es mit ihm weiter gegangen sein soll. Er hatte sich in Krefeld niedergelassen und eine Drogenkarriere hinter sich. Ein paar Tage später wurde er dann in Hamburg gefunden. Er hatte sich auf einer Baustelle erhangen.

 

Oft frage ich mich, ob er nicht schon in früher Jugend von der Gesellschaft zu dem gemacht wurde, was er war. Ich kannte ihn halt auch als Freund auf den Verlass war. Wenn man Hilfe brauchte, war er da und hat angepackt. Wer mal mit ihm alleine war, kannte wahrscheinlich auch die gute Seite in ihm. Er hätte alles dafür getan, um Freunde zu haben und vielleicht konnte er es deshalb nicht verkraften, daß seine Freundin ihn auch wieder verlassen wollte. Was er getan hat, ist mit nichts zu entschuldigen aber ich werde ihn auch niemals ganz verurteilen.