Der Rudi und die Riesen

Diese Geschichte ereignete sich in unserem letzten Jordanienurlaub. Der Irakkrieg war gerade ein paar Tage für beendet erklärt, als wir uns entschlossen, die Gelegenheit zu ergreifen und nach Jordanien zu fliegen. Bedingt durch den Krieg in Nachbarschaftsnähe war der Tourismus vollkommen zusammen gebrochen und unser Freund Mohammed daher arbeitslos. Er arbeitet ja als Reiseleiter und wir lernten uns auf unserer zweiten Jordanienreise kennen. Dieses Mal buchten wir jedoch nur die Flüge und liessen Mohammed den Rest für uns erledigen. Da wir mit seinem Privatwagen unterwegs waren konnten wir bei dieser Tour überall hin, selbst dort, wo sonst kein Tourismus hinkommt.

Da ich mich ja für Archäologie interessiere und Jordanien ein archäologisches Paradies ist, haben wir zu Hause schon einmal eine Wunschliste erstellt und baten Mohammed, sie abzuarbeiten, so gut es ginge. Ein Punkt auf dieser Liste war das Nationalmuseum in der Zitadelle von Amman. Als wir dieses dann besuchten fielen mir die ältesten Puppen der Welt auf. Sie werden auf ein Alter von 12.000 Jahren geschätzt und wurden in Ain Ghazal gefunden. Ich erinnerte mich daran, schon einmal von Ain Ghazal gelesen zu haben und es sich neben Jericho um die älteste Stadt der Welt handelte. Ain Ghazal war jedoch wesentlich größer und wurde beim Bau einer Straße, in der Nähe von Amman gefunden. Das erschien mir interessant und ich bat Mohammed, uns zu den Ausgrabungen zu fahren.

Wir machten uns also auf den Weg dorthin und Mohammed meinte, den Weg zu kennen. Nachdem wir dann schon eine ganze Weile rumgefahren waren, meinte Mohammed, daß es doch hier sein müsste. Wir entschlossen uns bei den Wachen des Elektrizitätswerkes nach dem Weg zu fragen. Nachdem wir erst einmal 1-2 Glas Pfefferminztee mit ihnen getrunken hatten erklärten sie uns dann, das es nicht weit entfernt wäre, man aber nicht mehr viel sehen könnte. Wir fuhren ein kurzes Stück und hielten am beschriebenen Hügel an, um uns selbst ein Bild davon zu machen. Das Grundstück wird von einem alten Mann bewacht und wir mussten kurz warten, da er gerade am Beten war. Nachdem er dies erledigt hatte kümmerte er sich um uns und erklärte, daß er diesen Hügel bewachen muss, damit nicht schwarz gegraben wird. Er zeigte uns die letzten sichtbaren Mauerreste der alten Stadt und regte sich dabei furchtbar auf. Er meinte, daß ihm die Archäologen fest versprochen hätten wieder zu kommen aber alles wieder zugeschüttet hätten, als sie den Ort verließen. Nachdem er wieder eine Weile wild gestikulierend erzählt hatte, brauchte Mohammed ein Bisschen Zeit zum übersetzen. Er meinte, der alte Mann habe ihm da gerade etwas erzählt, was er kaum glauben könne. Er schwor dabei und sagte, daß Allah seine ganze Familie bestrafen solle, wenn er lüge. Was war geschehen? Angeblich war er bei den Ausgrabungen persönlich dabei, es lief alles gut und sie fanden mehrere der alten Puppen. Eines Tages soll es sich dann ereignet haben, daß riesige menschliche Knochen und Zähne gefunden wurden. Er machte uns in Zeichensprache immer wieder klar, was er meinte. Der Unterschenkel des gefundenen Objekts sei so groß gewesen, wie er selbst es ist. Ein Zahn deutete er immer an, sei geschätzt so 15-20 Zentimeter groß gewesen. Er wüsste auch genau, das diese Relikte in das Universitätsmuseum von Amman gebracht wurden. Auf seine mehrfache Nachfrage will angeblich niemand mehr etwas davon wissen. Direkt am nächsten Tag nach dem Fund wurde damit begonnen, alles wieder zu zu schütten. Noch Stunden nach diesem Ereignis fragte mich Mohammed, was dieser Mann gesehen hat. Er meinte, daß dies ein sehr gläubiger Mann gewesen sei und er niemals diesen Schwur ausgesprochen hätte, wenn er nicht wirklich etwas Besonderes gesehen hätte.

Auf dem Rückweg nach Amman überlegten wir dann, ob die Bibel evtl. recht habe, da in ihr ja geschrieben steht, daß hier früher die Riesen gelebt hätten. Dabei fiel mir dann ein, das ich schon in mehreren Büchern gelesen hatte, daß der Deutsche Gustav Dahlmann im Jahre 1918 in Jordanien eine Entdeckung gemacht habe. In der Nähe der Stadt Salt soll er das Grab des letzten Riesenkönigs Og gefunden haben. Den Og kennt man ja schon aus der Bibel und so war mir dann sofort klar, wo wir noch hin mussten. Mohammed war diese Stelle nicht bekannt, was bei ihm selten vorkommt aber wir fuhren am nächsten Tag guten Mutes nach Salt. Die Stadt besitzt ein kleines aber feines Museum und wir beschlossen, dort nach dem Weg zu fragen. Auf dem Weg dorthin lernten wir noch ein paar kleine Kinder kennen, da ich noch ein paar Gummibärchen zum Verteilen hatte. Dies bescherte uns noch einen kleinen Aufenthalt bei ihnen zu Hause und wir bekamen zum Abschied jeder eine Gebetskette geschenkt. Den Weg zum Grab von König Og konnten uns aber weder die Mitarbeiter des Museums noch die Familienmitglieder der Kinder sagen. Wir bekamen aber zu hören, daß es in der Nähe ein ganz heiliges Grab gäbe und ob es vielleicht dies wäre, welches wir meinten. Da wir keinen anderen Anhaltspunkt hatten fuhren wir in beschriebene Richtung und Mohammed machte uns schon einmal darauf gefasst, daß der Eintritt nur Muslimen gestattet sei. Nachdem wir dann noch schnell im Auto zum Islam konvertiert sind und meine Mutter ihr Kopftuch aufgesetzt hatte, fanden wir die besagte Stätte. Selbstbewusst stiegen wir aus und steuerten auf die Moschee zu. Ganz wie es sich gehört zogen wir am Eingang die Schuhe aus und betraten das Gebäude. Natürlich wurden wir angesprochen aber Mohammed hatte keine großen Probleme den Leuten klar zu machen, daß wir deutsche Muslime sind. Sicher werden sie den Schwindel erkannt haben, aber wie immer in diesem Land, hat man keine Probleme. Das gehört dort wohl zur angeborenen Gastfreundschaft dazu. Wir schauten uns jedenfalls ausgiebig um und standen nun an besagtem Grab. Dieses Grab wird in dieser Gegend seit Jahrtausenden verehrt und gehört einem Mann namens Jethro. Ich kann seit dem also mit Stolz behaupten, als einer der bestimmt wenigen Deutschen, am Grab des Schwiegervaters von Moses gestanden zu haben.

Das Grab vom Riesenkönig Og bekamen wir jedoch nicht zu sehen aber evtl. klappt es ja beim nächsten Jordanienbesuch. Sollte mir also zufällig jemand die genaue Lage mitteilen können, so soll er sich bitte melden. Zum guten Schluß bleibt also nur noch die Frage offen, was der alte Mann denn wirklich gesehen hat und ob die Bibel wenigstens teilweise stimmt und es die Riesen tatsächlich gab.